Die großen Augenblicke sind die, in denen wir getan haben, was wir uns nie zugetraut hätten.

(Marie von Ebner- Eschenbach)

 

Konstruktiver Nonkonformismus oder:

„Ich weiss nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg).

 

Die Zukunft ist völlig anders als die Vergangenheit. In Organisationen wie Zahnarztpraxen wird es immer dann gefährlich, wenn ein intelligentes System erstarrt, weil es beispielsweise nur noch eine „richtige“ Denkrichtung gibt. Und diese Richtung geben meistens wir Chefs vor! Die Folgen sind: Gruppendenken und Schwarmdummheit machen sich breit. Je mehr wir uns davon gefangen nehmen lassen, umso mehr forcieren wir einen gefährlichen Tunnelblick – unabhängig davon, was da draußen möglicherweise wirklich wichtig ist oder wichtig wird.

 

Schlimmer noch: das gesamte Team stellt sein eigenständiges Denken ein und geht in  einen Zustand der Frustration, denn niemand wird aktiv um seine Meinung gefragt oder traut sich gar, mit einem alternativen „Denkangebot“ in Konkurrenz zum Chef zu treten! Das ist fatal für die Chancen der gesamten Praxis, denn andere Ideen können sich in der Konstellation nicht entfalten! Undenkbar? Ich habe das bereits erleben dürfen und es war mir vergönnt, mit einem aufgeschlossenen Teil des Teams einen „offeneren“ Weg einzuschlagen.

 

Wie fördern wir Kreativität bei unseren Mitarbeitern, um den Tunnelblick zu vermeiden oder zu reduzieren? Kreativität lässt sich nicht mal eben so per verordneter Maßnahme ankurbeln. Kreativität lebt von Freiheiten und einem institutionellen Rahmen, der das gewünschte kreative Denken und Handeln stützt und stärkt. Nicht die mentale Umorientierung der einzelnen Mitarbeiter macht Organisationen kreativer, sondern das Aufbrechen institutioneller Blockaden.

 

Beim Aufbrechen dieser Blockaden gibt es viel zu tun, denn Zahnarztpraxen und andere Unternehmen sind für die Regelhaftigkeit konzipiert (also das Tagesgeschäft) – und nicht für Kreativität. Das bedeutet: Divergentes Denken fördern! Und ja, das lässt sich trainieren. Auf dem Trainingsplan finden sich folgende Übungen:

  • Nicht vorschnell Ursachen zu vermuten.
  • Die eigenen Denkkonstrukte kritisch hinterfragen.
  • Andere Meinungen und Sichtweisen zulassen.
  • Ein Klima schaffen, das Unterschiede wertschätzt.

Was bedeutet das konkret ? Für mich ? Für meine Mitarbeiterinnen?

Im Kern des Handelns steht der Wille, einen Missstand zu beheben, eine Sache zum Besseren zu wenden. Meine Mitarbeiterinnen und ich identifizieren uns stark mit unserer Praxis, aber wir haben  jeder zugleich Überzeugungen, die der herrschenden Vorgehensweise im Unternehmen nicht  komplett entsprechen. Das mündet jedoch nicht in Konfrontation oder Frustration, sondern alle setzen sich für das ein, was sie für richtig halten und stoßen auf diese Weise wichtige Veränderungen an!

 

Dieses Wollen lässt sich nicht von Außen anreizen. Was Führungskräfte aber tun können: Den Weg freimachen, die Rolle des Ermöglichers annehmen und Veränderern die Autonomie, die Freiheit und das Vertrauen geben, damit sie ihr Projekt auf die Beine stellen können und Ideen umsetzen.

 

Menschen müssen die Erlaubnis und realistische Chance erhalten, ihr Können und Wollen entfalten zu dürfen. Und das ist zu 100 Prozent Führungsaufgabe: Mitarbeitern, dort wo es sinnvoll ist, den Freiraum zugestehen, Dinge selbst bestimmen zu können und ihnen zu vertrauen, dass sie das schaffen. Das bedeutet: Nicht alles bis ins kleinste Detail regeln, das erstickt jegliches Mitdenken und Handeln.

 

Aufgabe der Führung ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich die Eigenmotivation entfalten kann. Führungskräfte sind in diesem Sinne weniger Bewirker, sondern Ermöglicher.

 

Wer Antworten für eine ungewisse Zukunft will, muss Vielfalt im Denken begrüßen und nicht Einfalt. „Konstruktiven Nonkonformismus“ nennt das Harvard Professorin Francesca Gino in Ihrem Buch: https://www.amazon.de/gp/product/B071HD8589/ref=dbs_a_def_rwt_hsch_vapi_tkin_p1_i0

 

Menschen mit dieser Grundhaltung sind wichtige Geburtshelfer des Neuen. Denn das Neue kommt als Widerspruch zur Normalität zur Welt, und Widerspruch ist auch das Wesen der Innovation. Der entscheidende Impuls für bahnbrechende kreative Arbeiten entsteht oftmals dadurch, dass Ideen, Vorgehens- oder Sichtweisen, die zuvor getrennt waren, zusammengebracht werden.

 

Kreativität fördern heißt, Menschen den Freiraum zu geben, zu denken „was sein könnte“. Anstatt nur stillschweigend zu akzeptieren, „was ist“. Kreativität heißt: Mit Fehlschlägen klug umgehen! Kreativ sind Menschen in einem Umfeld, in dem sie keine Scheu haben müssen, neue Ideen auszuprobieren. Ein Umfeld, in dem es in Ordnung ist, auch mal in Sackgassen zu rennen oder auf die Nase zu fallen und davon zu lernen. Es geht also in einem kreativen Umfeld nicht darum, Fehlschläge zu verhindern, sondern darum, Fehlschläge als unvermeidlich anzuerkennen und klug mit ihnen umzugehen. Dieser Aspekt ist wirklich zentral:

 

Die Angst vor dem Fehler ist der Tod der Kreativität.

 

Wie lässt sich das im Unternehmen umsetzen? Indem du Fehlschläge differenzierst: es gibt zu vermeidende Fehler und „clevere Fehlschläge“ , die zu belohnen sind.

 

Kreativ ist, wer oder was Kreativität nicht behindert.